Nass und trocken: EU-Kommission begutachtet brandenburgische Naturschutzprojekte
- Erschienen amMit Geldern aus dem Förderprogramm LIFE der Europäischen Union setzt die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg derzeit zwei landesweite Naturschutzprojekte um. In „LIFE Bachmuschel“ renaturiert die Landesstiftung wertvolle Fließgewässer und vergrößert die Vorkommen der vom Aussterben bedrohten Bachmuschel. In „LIFE Trockenrasen“ entwickelt die Stiftung botanisch wertvolle aber stark gefährdete Trockenlebensräume. Ein Monitoring-Team der Europäischen Kommission informiert sich in dieser Woche über den aktuellen Stand der Projektumsetzung.
Anlässlich des Besuchs des EU-Monitoring-Teams sagt Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Hanka Mittelstädt:
„Das EU-Förderinstrument LIFE ist eine wichtige Unterstützung für den Naturschutz in Brandenburg. Mit den Geldern aus Brüssel können wir uns besonders um Lebensräume und Arten kümmern, die auch in europaweitem Maßstab von besonderer Bedeutung sind. Mit unserer Stiftung NaturSchutzFonds haben wir hierbei einen außerordentlich erfahrenen Projektumsetzer, der regional sehr gut eingebunden ist. Ich bin sicher, dass die Prüfer Projekterfolge nach Brüssel melden werden.“
Nach einer technischen Auftaktbesprechung geht es für die Gäste von der EU heute zunächst in den Naturpark Westhavelland im Landkreis Havelland. Am Milower Berg bei Milow sowie am Gollenberg bei Stölln wurden Gehölze entnommen, sodass wieder mehr Licht auf den Boden gelangt und seltene Pflanzen besser wachsen können. Des Weiteren wird das Monitoring-Team die gemeinsam mit dem Botanischen Garten der Universität Potsdam erfolgreich fertiggestellte Wiederansiedlung bedrohter Trockenrasenarten wie der Grauen Skabiose und des Wiesen-Salbeis begutachten.
In beiden Gebieten existierten vor rund 100 Jahren noch große Trockenrasenvorkommen mit vielen speziell angepassten Pflanzen und Tieren wie Berg-Haarstrang, Blauflüglige Ödlandschrecke und Zauneidechse. Die ausbleibende Nutzung durch Mahd oder Beweidung sowie Aufforstungen führten dazu, dass etliche dieser Arten sehr selten geworden oder sogar vom Aussterben bedroht sind.
Am Donnerstag führt der Besuch das Monitoring-Team in den Landkreis Prignitz. An der Stepe-nitz und am Cederbach besichtigen die Prüfer verschiedene Maßnahmen des NaturSchutzFonds zur Gewässerrenaturierung. Seit diesem Jahr sorgen ein Altarm, der wieder an die Stepenitz angeschlossen wurde, sowie der Einbau von Kies und Totholz für mehr Strukturvielfalt in beiden Gewässern. Nicht nur die in Brandenburg vom Aussterben bedrohte Bachmuschel fühlt sich zukünftig hier wieder wohl. Auch Fische wie Bachforelle, Groppe und Elritze oder das Bachneunauge sind die Nutznießer der Arbeiten.
Im Projekt „LIFE Bachmuschel“ geht der NaturSchutzFonds zudem neue Wege. In Fließgewässern, wo die Bachmuschel verschwunden ist, siedelt das Projektteam die Art mit Hilfe des Instituts für Binnenfischerei Potsdam-Sacroow und des Landesanglerverbandes Brandenburg wieder an: Erstmals werden in Brandenburg dazu Fische mit Muschellarven beimpft.
Naturschutz-Gelder für den ländlichen Raum
Seit 2010 realisiert die Stiftung NaturSchutzFonds LIFE-Projekte und hat dafür bereits über 22 Millionen Euro von der Europäischen Union eingeworben.
„Das sind Naturschutz-Gelder, die aus Potsdam direkt in den ländlichen Raum fließen und dort Arbeitsplätze in regionalen Bau- und Landschaftspflegefirmen sichern und Land- und Forstwirtschaftsbetriebe für Dienstleistungen im Rahmen der Projektumsetzung vergüten. Aber auch andere Dienstleister vor Ort profitieren davon oder Flächeneigentümer, die ihre Grundstücke für den Naturschutz zur Verfügung stellen“,
erläutert Stiftungsgeschäftsführer Dr. Holger Rößling. Für Anwohnerinnen und Anwohner verbessere sich mit diesen Investitionen in die Schutzgebiete die Lebensqualität.
Im Fokus der EU-geförderten Großprojekte des NaturSchutzFonds standen und stehen stark gefährdete Lebensräume, für die Brandenburg auch europaweit eine besondere Verantwortung trägt: Nach „Kalkmoore Brandenburgs“ zum Schutz seltener Moore folgten Projekte zur Erhaltung und Wiederherstellung von Sandtrockenrasen im Dahme-Seengebiet in den Landkreisen Dahme-Spreewald und Oder-Spree, sowie von Auen- und Moorwäldern entlang der Flüsse Stepenitz, Rhin und Dahme. „LIFE Bachmuschel“ ist nach „LIFE Trockenrasen“ das fünfte Großprojekt dieser Art. 2022 war es das einzige deutsche Naturschutzprojekt, das EU-Fördermittel erhielt. Zudem war die Stiftung als Partnerin an zwei LIFE-Projekten des Landesamtes für Umwelt beteiligt. Seinerzeit wurden Lebensräume für den stark gefährdeten Schreiadler wiederhergestellt sowie wertvolle Binnensalzstellen.
„Im Herbst können wir das 30-jährige Jubiläum des NaturSchutzFonds feiern. Über die Jahre hat sich gezeigt, dass die Stiftung unverzichtbar für die erfolgreiche Umsetzung großer Naturschutzprojekte in Brandenburg ist. Der Schlüssel ist dafür neben dem großen Engagement der Mitarbeitenden der Stiftung auch die über die Jahre entstandene vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern vor Ort wie den Landkreisen, Ämtern und Gemeinden, Gewässerunterhaltungsverbänden, Forstbehörden aber auch den Landnutzern“,
bilanziert Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Mittelstädt, die auch Vorsitzende des Stiftungsrates des NaturSchutzFonds Brandenburg ist.
Das EU-Förderprogramm LIFE
Seit 1992 hat die Europäische Union mit LIFE (L‘Instrument Financier pour L’Enviroment) euro-paweit mehr als 6.000 Projekte finanziell unterstützt. Es ist auf EU-Ebene das einzige Pro-gramm, das ausschließlich Projekte im Bereich Umwelt- und Naturschutz sowie Klimaschutz fördert und vor allem Pilot- und Demonstrationsprojekte ermöglicht.
Die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg
Um die Vielfalt und die natürliche Schönheit der märkischen Landschaften zwischen Elbe und Oder, Lausitz und Uckermark auch für die kommenden Generationen zu bewahren, hat das Land Brandenburg die Stiftung NaturSchutzFonds Brandenburg errichtet. Seit 1995 betreut die Stiftung die Ersatzzahlung im Land Brandenburg. 1.300 Naturschutzprojekte hat die Stiftung in diesen Jahren gemeinsam mit Landkreisen und Kommunen, Verbänden und Vereinen sowie weiteren Partnern wie zum Beispiel Landwirtschaftsbetriebe, Kirchengemeinden oder Privatpersonen möglich gemacht oder in eigener Trägerschaft verwirklicht.