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 Brandenburg setzt sich für verbessertes Wolfsmonitoring ein – Abschussquote soll auf Wolfsplenum diskutiert werden

- Erschienen am 11.08.2025

Seitdem bekannt wurde, dass die Bundesregierung den Erhaltungszustand für die Wolfspopulation zu der auch der brandenburgische Bestand gehört, mit "Unbekannt" an die EU gemeldet hat, häufen sich zahlreiche Fragen, die sich insbesondere an das Referat Wildtiermanagement des Ministeriums für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz richten. Damit im Zusammenhang stehen oft auch Thesen, die aus der letzten Anhörung im Brandenburgischen Landtag Eingang in die Debatte gefunden haben. Für Ihre redaktionelle Arbeit haben wir hier die aus unserer Sicht häufig gestellten Fragen und die Antworten des Ministeriums darauf zusammengestellt.

Hat sich das Land Brandenburg der Unbekanntmeldung des Erhaltungszustandes für Wölfe in Brandenburg angeschlossen?

Die Umweltministerkonferenz hatte die Befassung und Entscheidung zum Erhaltungszustand für Wölfe in Deutschland per einstimmigen Beschluss in die Hand der Staatssekretäre der Länder und des Bundes gelegt. In einer Reihe von Sitzungen und Telefonschalten der Staatssekretäre konnte jedoch keine Einigkeit in dieser Frage erzielt werden. Insbesondere der Bund hat weiterhin darauf gedrungen, dass der Erhaltungszustand gegenwärtig nicht als „günstig“ bezeichnet werden könne. Gleichzeitig hat er jedoch zugestimmt, dass die Meldung des Erhaltungszustandes zukünftig nicht mehr alle sechs Jahre, sondern jährlich an die EU erfolgt, was auch einer Position des Landes Brandenburg entspricht. Der Staatssekretär im brandenburgischen Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Gregor Beyer hat daher in der Runde deutlich dargelegt, dass das Land Brandenburg zweifelsfrei von einer sich insgesamt im günstigen Erhaltungszustand befindlichen Wolfspopulation ausgeht. Da jedoch tatsächlich das gesetzliche Vollzugsproblem besteht, dass der deutsche Vollzug auf Ebene der Bundesländer nicht mit der wissenschaftlich-wildbiologischen Befundeinheit der sogenannten biogeografischen Regionen übereinstimmt, hat Brandenburg - trotz erklärter abweichender Meinung - sich der Position angeschlossen, zunächst einen „unbekannten Erhaltungszustand“ an die EU zu melden, hierzu aber noch im Laufe dieses Jahres eine Klärung auf der Ebene der EU zum Verfahren herbeizuführen. Staatssekretär Beyer hat daher auch seine Bereitschaft erklärt, zusammen mit dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium Jochen Flasbarth in Kürze in Brüssel vorstellig zu werden.

Die Angabe des brandenburgischen Wolfsbestandes schwankt in der öffentlichen Darstellung zwischen 700 bis über 2.000 Tiere. Von welcher Bestandszahl geht das Ressort im Rahmen der gegenwärtigen politischen Vorhaben aus?

Es ist mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, exakte Bestandszahlen für wildlebende Tiere zu benennen. Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder über das gesamte Artenspektrum hinweg, dass es sich dabei allenfalls um grobe Schätzwerte handelt. Die Ermittlung einer solchen Bestandszahl ist auch deshalb so schwierig, weil sie von einer ganzen Reihe unterschiedlich interpretierbarer Faktoren abhängig ist. Dies sind insbesondere die durchschnittliche Anzahl der Individuen pro Rudel (vorherrschend mit dem Faktor 8 berechnet), die Nachwuchsrate des Bestandes an Wölfen (vorherrschend gegenwärtig mit dem Faktor 35 Prozent gerechnet), die Dunkelziffer an unbekannten Rudeln und Einzelindividuen, die von der Wissenschaft in einer extremen Schwankungsbreite beschrieben wird sowie viele weitere Faktoren wie die genaue Anzahl der Verluste durch den Straßenverkehr (die aufgefundenen Tiere stellen nur einen Anteil der insgesamt im Straßenverkehr verlorenen Wölfe dar) und viele andere mehr. Wichtet man alle diese Faktoren, so geht das Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz gegenwärtig davon aus, dass der brandenburgische Wolfsbestand zwischen 1.000 bis 2.000 Tieren liegen muss. Realistisch erscheint, dass der Wolfsbestand mindestens 1.000, wahrscheinlich aber 1.500 bis 1.600 Tiere beträgt.

In der Anhörung des Landtages wurde die These vertreten, dass Deutschland das beste Wolfsmonitoring hätte. Ist dies zutreffend?

Brandenburg hat zusammen mit dem Bundesland Niedersachsen, in dem eine noch bessere Einbeziehung der Jägerschaft in das Wolfsmonitoring gelungen ist, wahrscheinlich innerhalb der Bundesrepublik eines der besten Verfahren des Monitorings. Bezogen auf den weltweiten Maßstab ist allerdings zu konstatieren, dass das deutsche Monitoring insgesamt internationalen Maßstäben kaum standhält. Auf wissenschaftlichen Fachkolloquien in Europa und weltweit wird immer wieder deutlich, dass die deutsche Art und Weise Wölfe in Rudeln zu ermitteln überaus kritisch bewertet wird. Insofern hat Brandenburg ein national betrachtet relativ gutes Wolfsmonitoring, international eingeschätzt aber leider nur ein ungenügendes.

Das Landesamt für Umwelt (LfU) wird immer wieder für die von ihm betriebene Ermittlung der Wolfsbestandszahlen kritisiert. Ist angedacht, dieses Verfahren zu ändern?

Das LfU als Fachbehörde des Landes ist angehalten ein Monitoring des Wolfsbestandes zu betreiben, das mit den Vorgaben des Bundes kompatibel ist. Insofern erweist es sich leider manchmal als Nachteil des Föderalismus, dass man ein als ungenügend erkanntes Verfahren zum Zwecke der Vergleichbarkeit über die Bundesländer hinweg zunächst fortführen muss. Die Strategie des brandenburgischen Ministeriums für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz liegt daher darin, in den Grenzen des deutschen Verfahrens maximale Vergleichbarkeit zu erreichen, gleichzeitig aber auf der Bundesebene darauf hinzuarbeiten, das Monitoring für den Wolfsbestand in Deutschland zu überarbeiten. Dieser Aspekt soll auch Bestandteil des großen Wolfsplenums werden.

Der Präsident des Landesjagdverbandes hat kürzlich eine Abschussquote von 500 Wölfen jährlich gefordert. Ist das eine realistische Größe?

Es steht allen Verbänden im Land Brandenburg frei, sich in diesen Fachfragen zu positionieren und damit einen Debattenbeitrag zu leisten. Richtig ist, dass man, wenn man einen Bestand an Wildtieren auf gleicher Bestandshöhe halten will, bezogen auf die Wolfsbestände jährlich ungefähr ein Drittel des Bestandes (Abschöpfen des Zuwachses) entnehmen muss. Hierzu vertritt das Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz jedoch die Auffassung, dass bei der Wiedereinführung eines aktiven Bestandsmanagements für den Wolf mindestens in den ersten zwei bis drei Jahren mit extremer Vorsicht herangegangen werden sollte, da das Ziel des aktiven Wolfsmanagements nicht nur die Begrenzung des Wolfsbestandes ist, sondern gleichzeitig auch die Erhaltung eines Bestandes, der einen positiven Beitrag zum günstigen Erhaltungszustand der Population leistet. Daher plädiert das Ministerium gegenwärtig für eine Entnahmequote von lediglich 15 v. H. und folgt damit den Empfehlungen von Fachexperten. Im Lichte der als Arbeitsgrundlage angenommenen Wolfsbestände in Brandenburg und der angestrebten Entnahmequote ist eine Entnahme von 500 Wölfen pro Jahr daher gegenwärtig unrealistisch. Die Frage der Entnahmequote wird daher ein zentrales Thema beim bevorstehenden großen Wolfsplenum sein.