30 Jahre Nationalpark Unteres Odertal: Wild, grenzüberschreitend und zukunftsfähig
- Erschienen amDer Nationalpark Unteres Odertal hat sich nach vielen Turbolenzen inzwischen prächtig entwickelt und ist Stolz und Aushängeschild einer ganzen Region. Einzigartige Natur, spannende Diskussionen und Menschen, ohne die es diesen Park nicht geben würde, stehen im Mittelpunkt der Festveranstaltung am 17. Oktober in Schwedt.
Vor drei Jahrzehnten wurde ein mutiger Schritt getan: Mit der Gründung des Nationalparks Unteres Odertal 1995 erhielt die einzigartige Flussauenlandschaft der Oder einen dauerhaften Schutz. Heute ist er der einzige Flussauen-Nationalpark Deutschlands – ein Schatz für die Natur, aber auch für die Menschen in der Region.
Eine Geschichte mit Höhen und Tiefen
Wie das gesamte DDR-Nationalparkprogramm ist auch die Unterschutzstellung des Unteren Odertals untrennbar mit einem Namen verbunden: Professor Michael Succow, Träger des Alternativen Nobelpreises. Gemeinsam mit seinem Freund Professor Mieczysław Jasnowski erkannte er früh die Bedeutung des grenzüberschreitenden Gebietes und entwickelte die Vision eines deutsch-polnischen Nationalparks. Die Aufnahme des Nationalparkprogramms in den deutschen Einigungsvertrag war ein Glücksfall – so konnte die Ausweisung des Nationalparks Unteres Odertal auch im wiedervereinigten Deutschland weiterverfolgt werden.
Nach der anfänglichen Euphorie traten jedoch schnell Herausforderungen zutage: Wie kann ein Gebiet, das auf deutscher Seite fast vollständig landwirtschaftlich genutzt und überwiegend in Privatbesitz ist, zum Nationalpark werden? Die Klärung der Eigentumsfrage war zentral. Gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz entstand die Idee eines Naturschutzgroßprojekts von gesamtstaatlicher Bedeutung – das sogenannte Gewässerrandstreifenprojekt. Parallel dazu wurde das Unternehmensflurbereinigungsverfahren Unteres Odertal angeordnet, um Eigentums- und Nutzungskonflikte mit Hilfe der Bodenordnung zu lösen. Es wurde eines der größten seiner Art: rund 20.000 Hektar Flurbereinigungsgebiet mit über 2.000 Beteiligten.
Ein weiterer Meilenstein war die Erarbeitung des Nationalparkplans, der in einem offenen und transparenten Prozess unter Einbeziehung aller Akteure entstand. Mit seinem abgestimmten Leitbild und detaillierten Maßnahmenkatalog bietet er eine verbindliche Grundlage für alle Beteiligten. Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit mit der Region intensiviert: Das Kuratorium, in dem Vertreterinnen und Vertreter der Region beratend mitwirken, erhielt eine zentrale Rolle. Seither gilt das Prinzip: Nur Maßnahmen, die eine breite Zustimmung im Kuratorium finden, werden umgesetzt.
Gemeinsam für eine starke Region
Auch die Initiative „Mit der Region – für die Region“, die vor rund 20 Jahren startete, hat entscheidend dazu beigetragen, dass der Nationalpark heute fest in der Bevölkerung verankert ist. Neue touristische Angebote, bekannte Veranstaltungsformate, wie die Kranichtage in Gartz und Mescherin und die Singschwantage in Criewen sowie die über ein LEADER-Projekt gestartete Partnerinitiative mit 25 Partnern bestehend aus Gastbetrieben, Naturführern und den Uckermärkischen Verkehrsbetrieben zeigen, wie eng Naturschutz und regionale Entwicklung zusammenwirken können. Jährlich kommen bis zu 200.000 Besuchende in die Nationalparkregion.
Für Besucherinnen und Besucher wurde die Infrastruktur kontinuierlich verbessert: Entstanden sind Beobachtungstürme, Erlebnispfade, Wasserwanderrastplätze, Informationstafeln, ein touristisches Wegeleitsystem zu den Nationalparkeingängen, zwei mit Wasserstoff betriebene Nationalparkbusse und das Natura-2000-Haus in Criewen – allesamt in enger Kooperation mit den Nationalparkkommunen und den westpommerschen Landschaftsschutzparks.
Besonders erfreulich: Das Flurbereinigungsverfahren geht nach 25 Jahren nun seinem Abschluss entgegen. Damit ist der Weg frei für den nächsten großen Schritt: Zum 1. Januar 2026 erfolgt in der Schutzzone Ib auf weiteren 1.300 Hektar die endgültige Nutzungseinstellung – die Flächen werden der eigendynamischen Entwicklung überlassen. Damit erfüllt der Nationalpark die im Bundesnaturschutzgesetz verankerte Zielvorgabe, auf mehr als der Hälfte seiner Fläche das Prinzip „Natur Natur sein lassen“ umzusetzen – das größte Geburtstagsgeschenk zum 30-jährigen Jubiläum.
Auch international wächst der Park über sich hinaus: Die Vision eines grenzüberschreitenden Schutzgebietes wird im Jubiläumsjahr Wirklichkeit – mit der geplanten Unterschutzstellung von Teilen des polnischen Zwischenoderlandes als Nationalpark.
Biodiversität – eine Bilanz
Die mit dem Nationalpark unter Schutz gestellte Flussaue ist einzigartig in Mitteleuropa. Das Spektrum der Lebensräume und Arten reicht von der Oder als bedeutendem Strom über deren schlammige teils sandige Flussufer über zahlreiche durchflossene oder abgeschnittene Altarme, Auenwiesen, Weichholz- und Hartholzauenwälder bis zu den artenreichen Laubmischwäldern sowie Trocken- und Halbtrockenrasen der Oderhänge. Bisher wurden im Nationalpark 1.186 Farn- und Blütenpflanzen nachgewiesen, von denen mehr als 150 in Brandenburg mehr oder weniger stark gefährdet sind.
Der Nationalpark dient der Erhaltung des Lebensraumes von gefährdeten heimischen Arten, wie z.B. Fischotter, Schlammpeitzger, Steinbeißer oder Große Moosjungfer.
Von herausragender, landes- und deutschlandweiter Bedeutung ist das Gebiet vor allem für die Avifauna. Für insgesamt 18 Vogelarten ist es eines der fünf landesweit wichtigsten Vorkommensgebiete. Für Gänsesäger, Kleinralle, Rotschenkel, Schilfrohrsänger, Trauerseeschwalbe, Tüpfelralle, Wachtelkönig und Zwergdommel ist das Untere Odertal das wichtigste Gebiet in Brandenburg. Für Bekassine, Blaukehlchen, Eisvogel, Kiebitz, Knäkente, Rohrdommel und Seeadler ist es eines der fünf wichtigsten Gebiete, die Weißbartseeschwalbe kommt nur hier vor.
In der Pflegezone hat die Grünlandnutzung eine wichtige Bedeutung für den Erhalt und die Förderung der lebensraumtypischen Biodiversität. So werden beispielsweise die wertvollen Brenndoldenauenwiesen durch eine extensive Nutzung durch Beweidung oder Mahd langfristig erhalten. Ein Schlüssel für die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft ist das dynamische Grünlandmanagement, welches seit 2015 erfolgreich in die Praxis umgesetzt wird. Dieses wird durch Vertragsnaturschutzmittel finanziell unterstützt. Hierfür werden aus Landes- und EU-Mitteln bis zu 185.000 Euro jährlich zur Verfügung gestellt.
Monitoring und Forschung
Der Nationalpark bietet eine einmalige Chance, die Regenerationsprozesse der Natur und Umwelt sowie natürlich und spontan auftretende Anpassungsprozesse an klimawandelbedingte Veränderungen zu dokumentieren. Die Nationalparkverwaltung in Zusammenarbeit mit der Naturwacht hat ein umfangreiches Monitoringprogramm etabliert, um den Erhalt von gebietstypischen und seltenen Tier- und Pflanzenarten, wie zum Beispiel dem Fischotter oder der Kuhschelle zu gewährleisten. Mehrjährig angelegte Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen erlauben strategisch ausgerichtete Forschung, wie zum Beispiel zum regionalen Landschaftswasserhaushalt.
Festveranstaltung zum Jubiläum
Mit Blick zurück, aber auch nach vorn, wird das 30-jährige Bestehen am 17. Oktober 2025 im FilmforUM Schwedt feierlich mit einer Festveranstaltung, die um 18 Uhr beginnt, begangen.
Auf dem Programm stehen:
- Festrede von Ministerpräsident Dietmar Woidke
- Einzigartige filmische Aufnahmen aus dem Nationalpark
- Diskussion mit Wegbegleitern aus Vergangenheit und Zukunft
- Auftritt des Nationalparkchors
- Dank an Unterstützerinnen und Unterstützer, die den Park über Jahrzehnte geprägt haben